Sein Album hat Sebastian Lind selbst produziert. Im Studio des eigenen Schlafzimmers. Was dabei herauskam? Ein grandioses Debütalbum, das in Deutschland am Freitag in den Plattenläden steht. Attribut: Mehr als hörenswert! mucbook traf den kleinen Mann mit der großen Stimme zum Interview.
Bist Du das erste Mal in München?
Nein, ich glaube es ist das vierte Mal. Ich hatte meinen ersten Showcase in München. Ich habe auch mal bei Constantin gespielt und noch einiges anderes. Also ich war schon ein paar Mal hier.
Du bist ja viel unterwegs als Musiker. Macht es Spaß auf Tour zu sein? Oder ist es eher anstrengend?
Ja, in letzter Zeit bin ich ziemlich viel unterwegs. Vor allem dadurch, dass ich den Support für Clueso spiele. Das Reisen an sich finde ich nicht so toll. Aber ich mag es auf Tour zu sein, Gigs zu spielen und Leute zu treffen. Aber du verbringst viel Zeit im Flugzeug oder im Bus und das ist ein bisschen langweilig. Aber ja, auf Tour sein macht echt Spaß. Ich liebe es.
Wie bist Du zur Musik gekommen?
Mein Vater hat ein bisschen Gitarre gespielt, aber er hat nicht versucht mich zwanghaft der Musik nahe zu bringen. Er hatte selbst eine kleine Coverband. Ich bin mir gar nicht so sicher wie genau das eigentlich kam. Ich habe einfach angefangen Gitarre zu spielen. Und ich wusste immer, dass ich meine eigenen Sachen schreiben möchte, von Anfang an, als ich begann Gitarre zu spielen. Das war meine Intention. Aber da war jetzt keine Vision oder so etwas in der Art, was mir gesagt hätte, dass ich jetzt Musik machen muss. Ich habe einfach angefangen. Und nachdem ich viel positives Feedback bekam, habe ich eben weitergemacht. Die Leute haben gesagt: „Hey, du kannst ja wirklich Musik machen!“.
Wie alt warst Du denn als Du angefangen hast Gitarre zu spielen?
So um die dreizehn. Ich habe aber keinen Unterricht genommen. Mein Vater hat mir ein paar Grundakkorde gezeigt. Aber das meiste habe ich mir selbst beigebracht.
Du machst ja fast alles selbst…
Ich bekomme viel Hilfe. Die Ideen sind alle von mir. Aber natürlich kann ich das Merchandise, wie die T-Shirts nicht selbst produzieren. Ich habe einen Co-Designer in Dänemark, der mir dabei hilft, die richtigen Materialien und so weiter zu wählen. Und das gleiche gilt auch für die Musikvideos. Ich habe die Ideen und mein Team hilft mir, diese umzusetzen. Aber alle Ideen kommen von mir. Aber alles kann ich natürlich nicht selbst machen.
Wie ist denn zum Beispiel die Idee für dein Musikvideo „Never let go“ entstanden?
Sebastian: Das Video zu Never let go entspricht dem ganzen Universum des Albums „I will follow“. Ich wollte es in Schwarz-weiß haben. Nicht so viele Farben, nur ein paar Elemente, die wirklich sehr bunt sind. Und die Idee, dass alles wächst während der Song läuft, ist ein Weg dem Zuhörer zu zeigen, dass meine Musik ein Teil von dieser Umgebung ist. Und es wächst und wächst während du die Musik hörst.
Ist die Natur denn wichtig für dich?
Sebastian: Nein, nicht wirklich. Ich bin nicht so sehr der Naturbursche. Ich dachte einfach, dass die Idee gut zum Album und zu den Songs passt. Es gibt einige solche Bilder auf dem Album. Das Cover zum Beispiel zeigt einen Wald, schwarz-weiß und ein paar bunte Luftballons. Genau das wollte ich einfach haben: Schwarz-weiß und ein paar bunte Farben, die an dieser Stelle irgendwie deplatziert wirken.
I will follow ist der Titelsong. Ist das Dein Lieblingstitel oder warum hast du genau diesen ausgesucht?
Ich dachte einfach es klingt cool. (lacht). Da gab es keinen bestimmten Grund dahinter. Ich musste mir überlegen wie das Album heißt und I will follow reflektiert einfach am besten alle anderen Songs. Und I will follow klang einfach wie der Name für ein Album.
Wusstest Du schon, dass Du ein Album machen willst, als Du anfingst Songs zu schreiben?
Das ganze fing an mit dem Wunsch, dass ich ein paar mehr Lieder haben wollte, die nach mir klingen. Nach Singer/ Songwriter. Meine Intention dahinter war eigentlich gar nicht sie zu veröffentlichen. Ich habe das in erster Linie aus Spaß gemacht. Aber dann, als ich mehr und mehr im Prozess war, dachte ich, ich möchte es wenigstens meinen Fans zu hören geben. Mein Manager hat dann zu mir gesagt, dass die Songs wirklich gut sind und ich ein paar mehr machen sollte. Also haben wir sie dann an die Radiostationen in Dänemark gesendet und die haben die Songs gespielt. Dann wurde unser Label aufmerksam. Es ist einfach so passiert, obwohl es gar nicht so geplant war. Ich war echt total überrascht.
Wirklich?
Ja! Vor allem weil ich es einfach nicht erwartet habe. Es war einfach unglaublich zu sehen, wie ein Album, das einfach nur aus Spaß gemacht wurde, es so weit bringen konnte. Und noch dazu hat es mir den Durchbruch in Deutschland gebracht, was ich wirklich niemals erwartet hätte. Aber so ist das super. Wenn du zu viele Erwartungen hast, wirst du immer nur enttäuscht. Mit diesem Album ist einfach alles so passiert. Das war sehr entspannend, immer wieder überrascht zu werden, was Neues passiert.
Ist das auch Deine Lebenseinstellung, dass Du die Dinge einfach passieren lässt?
Also organisiert bin ich sicherlich nicht. Aber ich versuche, so weit wie möglich, da zu sein wo ich bin und einfach zuzulassen, was dabei passiert. Aber es ist schwierig, diese Idee aufrechtzuerhalten, immer das Beste aus dem Moment zu machen. Das ist echt anstrengend. Viele Leute versuchen das so zwanghaft, dass es einfach kaum möglich ist. Aber nein, einen Plan für sagen wir mal die nächsten drei Jahre habe ich zum Beispiel nicht. Ich versuche mich darauf zu konzentrieren, was ich genau jetzt und hier mache.
Aber einen Wunsch hast Du doch bestimmt, was in den nächsten frei Jahren passieren soll?
Klar, ich würde mir wünschen, dass der Erfolg von I will follow wächst und, dass ich eine Menge Alben in Deutschland verkaufe. (lacht) So, dass ich weiterhin Sachen in Deutschland veröffentlichen kann.
Es ist ja Dein erstes Album…
Es ist mein Debütalbum in Deutschland. In Dänemark habe ich schon eins rausgebracht. Das würde ich auch sehr gerne irgendwann mal in Deutschland veröffentlichen. Aber im Moment ist I will follow mein Debütalbum in Deutschland.
Wie ist denn Dein erstes Album? Sehr anders?
Es ist auf jeden Fall sehr anders. Ein bisschen mehr Mainstream. Ich habe mein erstes Album auch so gut wie alleine produziert und veröffentlicht. Also war der Prozess des Produzierens ähnlich wie bei I will follow. Man erkennt, dass es mein Album ist, es gibt Ähnlichkeiten, aber es hat ein ganz anderes Universum, ist was ganz anderes, ja auf jeden Fall.
Wie schwierig ist es sich für die Songs zu entscheiden, die letztendlich aufs Album kommen?
Das ist eigentlich gar keine so schwere Auswahl gewesen. Das ist genau der Grund, warum ich versuche so viel wie möglich selbst zu machen. So habe ich selbst die Entscheidung, welche Songs letztendlich aufs Album kommen und wie viele. Das ist eigentlich gar kein Problem. Und wenn ich dann ein paar Songs übrig habe, dann nutze ich die für etwas anderes. Ich gebe sie zum Download frei oder sonst irgendetwas. Sie gehen nicht verloren.
Ist es sehr schwierig ein Album selbst zu produzieren?
Sebastian: Ich würde gar nicht sagen, dass es schwierig ist. I will follow ist einfach so zufällig passiert. Am Ende stand ich da und dachte: „Wow das ist echt ein Album“. Ich habe einfach Lieder geschrieben und sie dann im Studio produziert. Es war gar nicht schwer. Ich hab es einfach gemacht. Und am Ende war es ein Album.
Wie ist es für dich Zeit im Studio zu verbringen?
Ich mag es, Zeit im Studio zu verbringen. Ich mache alles in meinem eigenen Studio, was mehr oder weniger mein Schlafzimmer ist. Ich mag es in meiner eigenen kleinen Welt zu sitzen und mich in der Musik zu vertiefen und ein bisschen herum zu experimentieren. Das einzige, was ich daran nicht mag, ist dass es echt einsam werden kann. Du verbringst so viel Zeit mit dir selbst und dem Album und da hat man manchmal das Gefühl verrückt zu werden, wenn du drei Monate allein im Studio verbringst. Aber ich liebe es schon. Und ich liebe es, etwas zu kreieren. Ich hasse es, wenn ich dann damit fertig bin. Aber irgendwann muss man ja fertig werden. (lacht).
Wie ist das bei dir mit dem kreativen Prozess? Woher kommt die Inspiration?
Normalerweise fange ich einfach an ein bisschen was aufzunehmen. Ich setze mir Kopfhörer auf und sitze da und spiele zufällig irgendetwas. So entsteht dann eine Melodie für einen Song. Aber die Inspiration kann von allen möglichen Dingen her kommen. Von Musik anderer Künstler, ein toller Beat oder auch einfach etwas, das ich in der Musik vermisse. Kürzlich ist zum Beispiel ein Song entstanden, nur aus einem Beat. Ich habe ein elektronisches Drumset und kann da viel ausprobieren und ich schlage einfach auf ein paar Sachen. Viele meiner Beats habe ich einfach auf einem Tisch gemacht. Ich lasse zum Beispiel einfach Dinge fallen auf dem Tisch (lässt seine Sonnenbrille auf den Tisch vor ihm fallen). Und das ist eine meiner größten Inspirationen. Ich nehme Dinge, die nicht als Instrumente vorgesehen sind. Ich benutze nie ein echtes Drumset oder eine Bassdrum. Ich glaube, das Einzige was echt ist, ist meine Stimme. Ich denke dann: „Okay, ich brauche eine Bassdrum. Wie kann ich es wie eine Bassdrum klingen lassen, ohne dass es eine ist?“ Das ist der spaßigste Teil am Musik machen. Deswegen erkennt man auch meine beiden Alben als meine wieder.
Gibt es Musiker, die Dich inspirieren?
Radiohead inspirieren mich sehr. Aber auch Justin Timberlake. Er ist eine große Inspiration. Es kann aber auch zum Beispiel NAS sein oder Techno, wie Trentemöller, der dänische DJ. Ich höre einfach sehr viel unterschiedliche Musik, aber ich mache meine Musik immer auf meine Art und Weise.
Gehst du noch zu Konzerten?
Ja, tue ich ab und zu schon. Aber ich kann dann nicht entspannen. Ich arbeite immer. Ich versuche dann einfach nur zuzuhören, aber ich fange dann an die Musik zu analysieren. Ich kann niemals nur als Gast hingehen. Ich muss immer alles analysieren. Das ist echt nervig. Mir wird dann schnell langweilig weil ich einfach nicht DAS daraus ziehen kann.
Okay, letzte Frage: Was ist das Wichtigste für Dich an der Musik?
Freiheit! Ich glaube, einer der wichtigsten Gründe warum ich Musik mache, ist dass ich alles alleine machen kann. Ich entscheide über Instrumente und Melodien. Aber auch die grundlegenden Dinge, wie wann ich spiele und was ich spiele. Du hast einfach eine Menge Freiheit. Und das ist für mich das wichtigste. Diese kreative Freiheit zu haben.
Vielen Dank für das Interview.
Sebastian Lind veröffentlicht am 31. August sein deutsches Debütalbum I will follow (Sony Music).
Alle weiteren Infos zu Sebastian Lind und seiner Musik gibt es hier. Und natürlich bei Facebook
Der Beitrag Hey, der kann ja Musik machen! erschien zuerst auf MUCBOOK.